Home Wir Neues Termine Kritiken Anschauen Anhören Veranstalter Kontakt Bestellen
Gerald Schmickl, Wiener Zeitung, 9./10. Juni 2018
Von diesem Trio lässt man sich gerne pflanzen. Seit vielen Jahren halten uns die Herren, die so gerne auf Lepschi gehen, am Schmäh. Sie feixen, reimen, schütteln und tirilieren, dass es eine Freude ist – nicht nur für Freunde des Wiener Lieds, das sie musikalisch so elastisch gemacht haben, dass nun nahezu alles hineinpasst, auch international Tö- nendes (vor allem Französisches). Wobei, und das zeigt „Oleanda!“, das neue Album des Trio Lepschi, an vielen Stellen die musikalischen Räume noch verbreitert und verfeinert wurden. Das liegt wohl auch an dem Personalwechsel, der vor eineinhalb Jahren vollzogen wurde, als Thomas Slupetzky sich aus Krankheitsgründen zurückzog und von Michael Kunz ersetzt wurde, der nicht nur ein versierter Gitarrist und Sänger ist, sondern neben dem Spielen von Bass und Akkordeon auch noch komponiert. So stammt fast die Hälfte der (14) Lieder auf der neuen, insgesamt fünften Platte von ihm. Den Rest besorgte in bewährter Weise Martin Zrost, der einzige Vollblut- und Profi-Musiker der drei. Ein Lied („Natua“) steuerte Stefan Slupetzky bei, der wiederum die Texte zu fast allen Nummern geschrieben hat. Und die sind einmal mehr von erlesenem Wortwitz und sprachspielerischer Finesse (was man zum Teil ja auch aus den Büchern des hauptberuflichen Schriftstellers kennt, etwa den „Lemming“-Krimis).
Waren es früher oft Schüttelreime, mit denen das Trio brillierte (eine gesamte CD, „Warz und Schweiß“, war auf diese eminent kreative und wort(er)findungsreiche Weise durchgeschüttelt worden, so steht diesmal der Identreim im Vordergrund, also die mehrfache, in erster Linie lautmalerische Bedeutung von Worten und Ausdrücken, wie der Titelsong exemplarisch vorführt. Da erfährt man etwa von „olle andern Oleandern“ oder warum dem „Seifenkraut vor der Seifen graut“; und es wird u.a. ruchbar gemacht, warum die stinkenden Orchideen „a Oasch Idee“ sind. So wie der munter sprießende Refrain überhaupt darauf hinausläuft, sich von Zimmerpflanzen nicht länger pflanzen zu lassen: „. . . Azaleen und Immergrün – schleicht’s euch, geht’s in Gartn spün!“ Nicht nur geschüttelt, sondern regelrecht anagrammatisch durchgerüttelt wird das Wort „Pikatilo“ im gleichnamigen, in rasendem Galopp absolvierten Lied. In scheinbar fast allen Möglichkeiten in 1:45 Gesangsminuten durchdekliniert (letztlich ist es dann doch nur die Hälfte aller Kombinationsmöglichkeiten, rechnet Stefan Slupetzky vor), endet diese kuriose Sprachhetzjagd fast fanfarisch auf einem unerwarteten Terminus, mit dem eine nicht sonderlich beliebte Berufsgruppe bezeichnet wird . . . (Mehr sei hierzu nicht verraten.) Botanisches findet sich auf „Oleanda!“ zuhauf, wie schon das laokoonisch verschlungene Coverbild symbolhaft andeutet. Dabei geht es aber mehr um die soziale Ökologie des Großstadtdschungels, der – wie Slupetzky meint – „sich nicht nur als Gestrüpp der Infamie herausstellt, sondern auch als Unterholz des Herzens“, weshalb es auch Zartbesaitetes zu hören gibt, wie etwa das rührende „Herbstlied“. Was Slupetzky von der reinen Natur hält, lässt er im bissigen „Natua“ wiederum mit Hang zum Identreim wissen („Natua Natua – na tua ma des net a . . . und tua mi net häkerln in ana Tua“), wofür alleine ihm schon der H.C.-Artmann-Award verliehen gehörte, denn so wunderbar vielfältig und abgefeimt listig dichtet hierzulande kein anderer seit dem großen „Botanisiertrommler“.
In „Natua“ kommt übrigens auch ein sehr natürlich klingendes Instrument zum Einsatz: die Nasenflöte! Bei diesem kleinen Holzinstrument wird der Luftstrom aus der Nase in den Mund geleitet, der die Tonhöhe formt, was einen naturgemäß nasalen Klang ergibt. An schrägem Instrumentarium mangelt es dem Trio auch sonst nicht: so kommen diesmal u.a. die singende Säge und ein Zugsaxophon (eine Spezialkonstruktion von Martin Zrost) zum Einsatz. Man sieht also – und hört in der Folge –, dass einem bei diesem Album so schnell nicht langweilig wird.
Michael Ternai, music austria, 12. Juni 2018
Der Wiener Klang, der sich seinen Weg in die Moderne gebahnt hat: Die Musik- und Wortakrobaten von TRIO LEPSCHI zeigen sich auf ihrem neuen Album „Oleanda!“ (non food factory) einmal mehr als Leute von Welt, die die Tore des Wienerlieds auf sehr unterhaltsame und erfrischend spritzige Weise hin zu anderen Genres weit aufstoßen.
Spricht man vom modernen Wienerlied, so kommt man an der Erwähnung des Namens dieser Formation nicht vorbei, wobei – wenn man es genau nimmt – das Trio Lepschi die Bahnen des klassischen Wienerlieds im Grunde genommen schon vor langer Zeit verlassen hat. Mit der Tradition des Genres hat das von Stefan Slupetzky (Texte, Gesang, Säge), Martin Zrost (Komposition, Arrangement, Gesang, Gitarre, Klarinetten) und Michael Kunz (Gesang, Gitarre, Nasenflöte) Dargebrachte nämlich nicht mehr wirklich allzu viel zu tun. Was das Dreiergespann – auch auf seinem mittlerweile fünften Album „Oleanda!“ – zum Erklingen bringt, ist nichts anderes als der Sound der Stadt, wie er in der Gegenwart ertönt: im Klang sehr facettenreich, immer mit einer leichten jazzigen Note, einer Prise Soul, einem gewissen Hang zum modernen Liedermachertum und verwoben mit vielen Einflüssen aus genrefernen Stilen.
Aber es ist nicht nur alleine der musikalische Zugang, der den Reiz von „Oleanda!“ ausmacht. Es ist auch die sehr stimmungsvolle und zugleich augenzwinkernde Art, mit der die drei Herren ihre Geschichten erzählen, die das Herz erwärmt. So wie der typische Wiener in seinem Gefühl immer zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt hin und her schwankt, so wie er mal grantig und eigenbrötlerisch ist, aber auch das Feiern und Geselligsein mehr als nur zu schätzen weiß, genauso zeigen auch Stefan Slupetzky, Martin Zrost und Michael Kunz in ihrer Musik und ihren Texten viele verschiedene Gesichter. In den Nummern des Trios wird in schönster Manier mit viel Wortwitz geraunzt, über Gott und die Welt geschimpft und mit Genuss schwarzgemalt. Es wird in ihnen aber auch auf wundervoll eindringliche Weise Liebe bekundet, sich der Träumerei hingegeben und sanft in der Melancholie und Nostalgie geschwelgt.
Trio Lepschi treffen auf „Oleanda!“ auf jeden Fall durchwegs den richtigen Ton, jenen, der das Publikum schmunzeln und auflachen, aber auch nachdenken und reflektieren lässt. Die Musik des Dreiergespanns unterhält stilvoll, zeigt gleichzeitig aber auch Kanten und Schwung, sie erwächst zu einem wirklich schönen Hörerlebnis, das man sich wieder und wieder zu Gemüte führen will.
Nadia Baha, Kulturwoche, 5. Juli 2018
Im neuesten Streich "OLEANDA!" des triumphalen Trios Trio Lepschi zeigt sich wieder die bunt-finstere Humorigkeit der drei Herren. Einfach großartig!
In Zeiten des olé, olé, olé im Fußball und politischer Schlachtrufe, ist das brillante Werk "OLEANDA!" eine besondere Wohltat. Ja, es gibt sie die Differenzierung, die Nuancen die sprachlichen Finessen - zwar nicht in den Reden, ob an Sonn- oder an anderen Tagen, zwar nicht in den fröhlich-oberflächlichen Interviews, aber in den Texten des Trio Lepschi. Gleich im ersten der 14 Lieder, wird in Roal Dahl'scher Manier der Rundumwende aus einem Pariser ein Pariser ("Tango parisien"). Gleich danach schmachtet jemand, aber nur online, denn echte Treffen sind zu real. Da müssen in "Imma Onlein" also lieber Fesbuk, Tinda und Sneptschet herhalten.
Im weiteren Verlauf des Albums werden u.a. noch die Vorzüge der diversen Jahreszeiten raunzat gelobpreist "in Heabst und in Frühling des Schedlweh" ("Natua") sowie die unsägliche Eigenschaft einiger Menschen einfach zu tun und auszusehen, was sie wollen bzw. wie sie sind. In "Vabiats As" ist das mit den Werten unserer Demogradü bitte sea nicht vereinbar und sollte daher verboten werden, sunst kemma gleich an Anarschisten wöön. "Amoi gsogt" verbindet gekonnt heiße Musik und heiße Luft, denn der Text besteht nur aus Floskeln und Phrasen - sagt damit aber erstaunlich viel aus. Denn: "Man kaun ja ned ständig nuar imma, des ghearat schoo aa amoi gsagt, ma suidad ned dauand, es is do im Grund ka Froge, wobei ma sie frogt."
Der Oleanda, der dem Album den Titel gibt, wird zum IT-Piece der Pflanzen gemacht, während der Ginster in den Keller verfrachtet, die Zypressen gepresst und Koniferen verunglimpft werden. Selbst die größte Verfechterin der Gleichheit aller Pflanzen kann sich dem hüpfenden Rhythmus und den witzig-gewitzten Lyrics nicht entziehen. Eines der am meist berührenden Lieder ist "Tunnl" - optimistisch mit dem typisch eingeschrägten Trio Lepschi Twist: "Es gehd laungsaum beagauf, aa waun ma s ned siacht, es wiad scho wean, ka Grund, dass ma se fiacht. Es is no ned ois hi, a waun s scho a bisl riacht, i siag an Tunnl am Ende vom Liacht". Michael Kunz, Stefan Slupetzky und Martin Zrost - die Lichtgestalten des finsteren Abgrunderls.
Stefanie Panzenböck, Falter 24/2018
Sie sind die feinen Herren des Chansons wienerischer Zunge, dennoch sind ihre Zoten deftig, doch auch wieder lyrisch elegant, ihre Reime unübertroffen. Das Trio Lepschi schließt mit seinem fünften Album „Oleanda!“ (non food factory) und dem ersten in neuer Besetzung an vorangegangene Werke an, wenn auch wieder ein Stück charmanter und kunstvoller. Ein französisierter Tango leitet „Oleanda!“ ein, der erste Höhepunkt folgt an dritter Stelle mit dem Titellied, in dem man erfährt, dass „a Orchidee a Oasch Idee“ ist. Die stärksten Lieder sind dieses Mal die etwas traurigen, leicht verzweifelt augenzwinkernden. Etwa wenn es heißt: „I siach an Tunnl am Ende vom Liacht.“
Helmut Schneider, Wien Live, Juli 2018
Wie stets sind die Texte und Arrangements ausgefeilt, der Wortwitz intellektuell fordernd und die Stimmung melancholisch heiter bis wolkig. Ein Album zum Oft-Abspielen, ganz einfach weil man sich an der Raffinesse der 14 Titeln nicht satthören kann. Alltagsphilosophie, Ärgerliches und Liebenswertes, Verschrobenes und Humorvolles - beim Trio Lepschi hat alles seine Berechtigung.